Bericht vom 27.10.2012

Seit unserer Ankunft in Nepal vor einem Monat, die Monsunzeit war gerade vorbei, zeigt sich hier die Natur von ihrer üppigen Seite. Alles spriesst und am Zitrusbaum im Hotelgarten, welcher im Frühjahr voll von duftenden Blüten war, hängen nun grosse Pampelmusen wie Weihnachtskugeln. Und die goldgelben Reisfelder sind bald bereit für die Ernte. Besonders schön war ein Ausflug nach Kirtipur, einer der nahe Kathmandu gelegenen alten Königsstätte, wo die Musiker der RUDRA-Band, die im Sommer eine Tournee durch die Schweiz gemacht hatten, wohnen. Und sie zeigten uns das im Bau befindliche „Haus für Musik“, welches sie nun in dieser ruhigen, weiten Landschaft bauen.

Wie immer bei meiner Ankunft in Kathmandu habe ich zunächst auch meine besonderen Schützlinge von früher in Budhanilkantha besucht. Fünf Kinder einer Familie leiden dort an der vererbten Krankheit Xeroderma pigmentosum, welche schon im frühen Alter zu Hautkrebs führt, weil die Betroffenen keinen genügenden UV-Schutz in ihrer Haut haben. Sie brauchten dringend Medikamente, um die erneut aufgetretenen Vorstadien von Hautkrebs zu behandeln, sowie Sonnenschutzmittel. Wie immer war die Freude des Wiedersehens für uns alle gross und auch Purnima war da, welche sich inzwischen zu einer strahlenden jungen Frau entwickelt hat. Dank Stöcken kann sie trotz ihrer grossen Meningomyelozele etwas gehen.

Die ersten Wochen in unserem Zentrum im Süden waren recht anstrengend: Für Beatrice Baumgartner, die Kinderärztin, und Edith Brönnimann, die Röntgentechnikerin, war alles neu und sie brauchten Erklärungen über den Ablauf, über unsere Mitarbeitenden … . Und in den ersten Tagen kamen viele Patienten, welche auf unsere Ankunft gewartet hatten. Und wie immer zu Beginn mussten wir eine Generalreinigung unserer Räume machen und kaputte Sachen ersetzen.

Doch dann kamen auch schon in den ersten Tagen M. Mahesh und sein Team aus Kathmandu, unsere Partner für das Abfallprojekt. Unser Volontärhaus war überfüllt mit vier zusätzlichen BewohnerInnen. Zwei Nepalesinnen mussten gar auf dem Boden schlafen, doch das war für sie nichts Besonderes, schlafen doch hier viele Leute ihr ganzes Leben auf dem Boden. Dank dieser konstruktiven Zusammenarbeit können wir nun unser Spital-Abfallprogramm im ganzen Distrikt Chitwan ausweiten. Wir werden dabei unterstützt von der Organisation „Healthcare without Harm“ mit Sitz in England. Eine Projektleiterin dieser Organisation, Ruth Stringer, war ebenfalls mit angereist. Unser Spital soll zunächst Vorzeige-Modell und Informationszentrum für die umliegenden Gesundheitsposten sein. Der Gesundheitsminister aus Chitwan, ein Arzt, hat uns seine moralische Unterstützung zugesagt. Sein Wunsch ist es, dass später auch die Spitäler der Region mit einbezogen werden. Leider können wir vorerst nur den ersten Teil realisieren dank einer kleinen finanziellen Unterstützung von UNDEP (Development Project der UNO).

Bea und Edith haben sich schnell gut eingelebt und sind eine grosse Hilfe. Bea bleibt 3 Monate hier und Edith musste nach ihrem dreiwöchigen Einsatz vorgestern wieder an die Arbeit in die Schweiz zurückkehren. Sie hat sich intensiv unserem Röntgengehilfen angenommen und hoffentlich wird er das Gelernte nun auch weiterhin sorgfältig umsetze. Bea’s grosses Wissen und ihre lange Erfahrung ist natürlich vor allem für unseren kleinen Patienten sehr wertvoll. Sie hat aber auch viel Erfahrung in anderen Gebieten, etwa der Behandlung von unseren zahlreichen PatientInnen mit chronischem Asthma. Schon in den ersten Tagen hat sie sich zusammen mit unserem Dr. Ram Chandra auf dessen Motorrad in die entlegene Stadt Narayangadh aufgemacht, um ein neues Inhalationsgerät zu kaufen.

Im Moment ist gerade das grosse Dashain Fest, das etwa unseren Weihnachtstagen entspricht, ein Riesenrummel von Verwandtenbesuchen und Pilgerreisen zu nahen und fernen Tempeln. Wir geniessen ein paar Tage Ruhe. Junge Männer aus dem Dorf haben in unserer Nähe ein hohes „Ping“ aufgestellt, eine grosse Schaukel aus langen Bambusstangen. Fast den ganzen Tag vergnügen sich Kinder und Erwachsene darauf. Natürlich wurde ich auch zu einigen grossen Essen mit der Verwandtschaft unserer Mitarbeitenden eingeladen. Allerdings ist dies für mich eher etwas stressig: Essen unter der Beobachtung von mehr als 10 Augenpaaren, als einzige auf einem Stuhl platziert, die anderen essen im Schneidersitz am Boden. Und natürlich will die ganze Verwandtschaft in allen möglichen Kombinationen fotografiert werden. (Foto 11) Doch alles ist immer wieder voll Überraschungen und ich kann viel lernen über die Sitten und Menschen, auch von ihrem einfachen und zufriedenen Leben, trotz Armut.

Leider sind die Bauarbeiten zur Fertigstellung des neuen Spitals noch immer nicht wieder aufgenommen worden. Offenbar ist der neue Kredit aus Indien noch nicht eingetroffen. Es ist fast zum Verzweifeln. Immerhin ist nun bald das neu ausgebaute Zusatzzimmer neben unserer Tagesklinik fertig, sodass wir mehr Platz haben werden und auch einen zweiten nepalesischen Arzt anstellen können.

 

Die gute Nachricht im Februar 2012

"Shanti Med Nepal" hat von der Energiegenossenschaft Solarspar in Sissach ein zinsloses Darlehen von 50‘000 Fr. erhalten zur Mitfinanzierung einer Solaranlage auf dem neuen "Gunjaman Singh Memorial Hospital". Diese Anlage wird das Spital vollständig mit Solarenergie ausrüsten, sodass wir völlig vom Netz unabhängig sein werden. Dies ist nicht nur eine Pioniertat für Nepal, denn es wird die zweitgrösste Solaranlage in Nepal sein, sondern auch sehr wichtig, weil es in der niederschlagsarmen Zeit in Nepal tagelang Stromunterbrüche von bis zu 18 Stunden gibt. Ein funktionierendes Spital wäre damit unmöglich, ohne dass man mit grossen, dieselfressenden Generatoren arbeiten würde. Herzlichen Dank an die Solarspar - www.solarspar.ch.