Bericht aus Nepal von Ruth Gonseth - 25.02.2009

Seit dem 12. Februar arbeite ich wieder in Kathmandu. Mein Kulturschock war diesmal grösser. Die unglaubliche Armut und die Unterernährung vieler Menschen sind so bedrückend. Seit der globalen Krise haben sich auch hier alle Probleme nochmals verschärft. Viele Fremdarbeiter, die aus den Golfstaaten gutes Geld nach Hause geschickt haben, sind inzwischen als Arbeitslose zurückgekehrt. Hier in Kathmandu beträgt die Arbeitslosenrate nach neuen Schätzungen etwa 50%.

Die Stromunterbrüche von 16-18 Stunden täglich machen das Leben und vor allem die Arbeit in der Klinik extrem kompliziert. Auch Fabriken wurden deswegen gar geschlossen und die ArbeiterInnen stehen ohne Arbeitslosenversicherung auf der Strasse.

Es ist erstaunlich mit welcher Gelassenheit die Nepalesen dies alles ertragen und ihre Fröhlichkeit nicht verlieren. Nirgendwo auf der Welt gibt es wohl eine derart bunte Vielfalt von Festen, von denen viele religiös motiviert sind. Am vergangenen 23.Februar war so ein Märchenfest, "Shivaratri", an welchem der höchste Hindugott Shiva geehrt wird. Lesen Sie mehr darüber und sehen sie Bilder dazu unter "Nepal/Feste".

Gleich in den ersten Tagen habe ich auf dem Markt Mina Oli angetroffen. Das 12 jährige Mädchen hatte vor einem Jahr bei der Explosion eines mit Öl betrieben Kochers schwerste Verbrennungen am Hals und am Thorax erlitten. Die unsachgemässe Behandlung hatte zu brettharten Vernarbungen an Nacken und Hals, sowie einer kompletten Unbeweglichkeit des Kopfes geführt (Bild vom 22.10.09). Der rechte Arm war durch dicke Verwachsungen in der Achselhöhle total versteift. Dank der Möglichkeit, das Mädchen nach Sankhu in die, von einem deutschen Team von plastischen Chirurgen betreute Klinik zu bringen, konnte in der Zwischenzeit eine erste grosse und erfolgreiche Narbenkorrektur durchgeführt werden. Mina Oli hat mich auf der Strasse so glücklich angestrahlt, dass ich sie gleich fotografieren wollte (Bild vom 16.2.09). Am nächsten Tag in der Poliklinik konnte ich die geglückte Operation in Augenschein nehmen. Etliche kleine Operationen sind noch nötig, um das Resultat noch weiter zu verbessern.

Meine erste Woche in der Shanti-Klinik war überaus hektisch; einerseits ist es wunderbar wieder hier zu sein und es tut gut zu spüren, wie sehr sich auch die Leute freuen, dass ich wieder da bin. Viele sind ja so auf sich allein gestellt und sind überaus dankbar für ein Bisschen Zuwendung und eine gute Behandlung. Dank vieler Medikamente, welche ich in der Schweiz von pharmazeutischen Firmen zusammen gebettelt habe, und von speziellen indischen Medikamenten, welche ich in der Stadt kaufen kann, ist es möglich, viele chronifizierte Krankheiten zu heilen oder wenigstens deutlich zu verbessern. Ein grosses Problem in der Klinik ist, dass wir neben dem einzigen nepalesischen Arzt, einer Laborassistentin und einem Hilfspfleger keine ausgebildeten Leute haben. Dank der Spendengelder, welche ich an meinen Vorträgen und bei Bekannten gesammelt habe, kann ich jetzt zwei bisherigen intelligenten Mitarbeitern eine dreijährige Weiterbildung als Laborant, respektive als Röntgenassistent bezahlen. Die beiden gehen morgens von 7-13 Uhr in die Schule und anschliessend arbeiten sie noch in der Klinik. Zusätzlich haben wir nun die Stellen für eine Oberschwester und einen Physiotherapeuten ausgeschrieben. Schrittweise versuche ich das Ausbildungs-Niveau der Klinikangestellten zu verbessern, um schlussendlich bessere Abklärungs- und Behandlungsmöglichkeiten zu erreichen. Wir haben ja so viele Behinderte, welche dringend Physiotherapie brauchen und die Oberschwester wird sich neben der Verbesserung der Pflege auch um die Hygiene kümmern müssen.

Um die Verbesserung nachhaltig abzusichern, ist unser Unterstützungsverein auf weitere Spenden und/oder Mitgliedschaften angewiesen.

Mit herzlichem Gruss Ruth Gonseth